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Tierschutz und Haltungsformen: Aktuelle Entwicklungen im Überblick

Bild Haltungsformen
user Westerwälder Biohöfe | 30. Dezember 2023

In den letzten Jahren wird sich in Deutschland zunehmend für bessere Haltungsbedingungen und das Tierwohl eingesetzt. Eine erste kleine Entwicklung in die richtige Richtung war dabei die Einführung des einheitlichen Siegels „Haltungsform“, das 2019 von mehreren großen deutschen Lebensmitteleinzelhändlern eingeführt wurde und vor allen Dingen auf industriell verpacktem Fleisch zu finden ist. Jedoch ist dieses Siegel leider kein Garant für besseres Tierwohl und eine artgerechte Haltung, sondern gibt lediglich gewisse Mindeststandards vor.

Außerdem haben Supermärkte, Fleischtheken und Metzgereien keine Verpflichtung, die Herkunft ihres Fleisches offenzulegen. Dies ist besonders relevant vor dem Hintergrund, dass selbst renommierte Metzgereien regelmäßig Fleisch von Industriebetrieben zukaufen, da, besonders bei einer hohen Nachfrage und einer städtischen Lage, der Bedarf an Nutztieren gar nicht organisch aus der Region befriedigt werden kann. So werden z.B. ganze Rinderhälften zugekauft, in der hauseigenen Metzgerei zerlegt und damit für den Endverbraucher die Herkunft verschleiert.

Unsere Landwirte übertreffen diese Vorgaben bei Weitem. Dementsprechend bezeichnen wir das Leben der Tiere bei unseren Bauern gerne als „Haltungsform 7“. Ein naturnahes Leben der Tiere und der Fokus auf besseres Tierwohl resultiert direkt in qualitativ besseren und gesünderen Lebensmitteln (s. unser Blogbeitrag „Biofleisch im Fokus“). Für dich als Verbraucher besteht neben den ethischen und moralischen Aspekten auch ein konkretes gesundheitliches Interesse daran, jederzeit vollständige Transparenz über die Lebensbedingungen der Tiere zu haben.

Im nachfolgenden Beitrag werden wir dieses Siegel der Haltungsformen und deren Vorgaben kritisch unter die Lupe nehmen, sowie auf die Haltung der Tiere unserer Bio-Bauern eingehen. Es wird klar erkennbar werden, wie weit selbst die beste Haltungsform vom Tierwohl und den Bedingungen auf unseren Biohöfen entfernt ist, denn für eine wirklich artgerechte Haltung wären weitaus mehr Standards erforderlich und für eine realitätsgetreue und differenzierte Abbildung der Landwirtschaft würden noch einige zusätzliche Stufen der Haltungsformen benötigt. Die derzeitigen Haltungsformen bieten sowohl für den Verbraucher, als auch für die Tiere, keinen effektiven Mehrwert und sind mehr Marketing und Augenwischerei als wirkliche Verbesserungen.

Das Haltungsform-Siegel: Herkunft, Unterschiede und Kritik

Das Siegel wurde in Kooperation mit der Initiative Tierwohl, einem Zusammenschluss von Land- und Fleischwirtschaft sowie Lebensmitteleinzelhandel, entwickelt. Es teilt die Haltungsbedingungen in vier Stufen ein und gilt für Rinder, Schweine, Hähnchen und Puten, sowie für Pekingenten und Kaninchen. Seit dem Jahr 2022 werden auch Milchprodukte mit dem Siegel ausgezeichnet.

Die vier Stufen des Siegels geben Aufschluss über die Bedingungen, denen die Tiere ausgesetzt sind.

In der niedrigsten Haltungsform 1, „Stallhaltung“, werden lediglich die gesetzlichen Mindestanforderungen oder Branchenstandards erfüllt. Hier hat ein Rind mit einem Gewicht von mind. 400 kg nur 2,2 m² Platz im Stall zur Verfügung. Ebenso katastrophale Bedingungen gelten für Masthähnchen, die auf einer Fläche von 1 m² mit max. 39 kg begrenzt sind – dies entspricht ca. 19,5 Hühnern!

Haltungsform 2, „Stallhaltung Plus“, bietet mit 3 m² marginal mehr Platz für die Tiere. Doch erst ab Haltungsform 3, „Außenklima“, wird es etwas besser. Hier haben Rinder „immerhin“ ca. 4 m² Platz.

In Haltungsform 4 müssen Rinder 5 m² Platz im Stall und zudem entweder ständigen Zugang zu einer Weide oder zu einem Laufhof mit mindestens 3 m² pro Tier haben. Auch für die Hühner wird es in der Haltungsform 4 besser, obwohl diese Vorgaben, wie beim Rind, noch bei Weitem keine hohe Lebensqualität nach sich ziehen: Hier ist das Gewicht auf 21 kg pro m² begrenzt, was jedoch immer noch ca. 10,5 Hühnern pro m² entspricht. Zudem ist eine Stallhaltung mit Zugang zu Freigelände für mind. 1/3 der Lebenszeit vorgeschrieben.

Eine genaue Übersicht über die Bedingungen der diversen Haltungsformen für die verschiedenen Tierarten kannst du im folgenden Beitrag des ZDF-Heute einsehen: https://zdfheute-stories-scroll.zdf.de/haltungsform-fleisch-bedeutung-tierwohl/index.html

Die Herausforderungen der Haltungsform 4

Wie eben schon benannt bleibt selbst die Haltungsform 4 problematisch. Die Mindestvorgaben entsprechen selbst in der höchsten Stufe des Haltungsform-Siegels nicht den reellen Bedürfnissen der Tiere.

Ein Beispiel ist die Haltung von ausgewachsenen Rindern, die mit insgesamt 5 m² vorgeschriebener Stallfläche pro Tier zwar 1 m² mehr Platz haben als in Form 3 – diese vorgeschriebene Fläche ist für ein Tier dieser Größe jedoch immer noch absolut unzureichend.

Hinzu kommt die Wahl zwischen Weide- oder Laufhofzugang für Rinder in der Haltungsform 4. Für das Tierwohl und die Lebensqualität der Rinder ist dies selbstverständlich ein signifikanter Unterschied. Permanenter Zugang zu weitläufigen Weideflächen, wie es die Rinder unserer Bio-Bauern haben, oder Zugang zu einem Laufhof, bei welchem nur 3m² Fläche pro Tier vorgeschrieben sind, was wiederum auch nur eine „beengte Stallhaltung an der frischen Luft“ bedeutet, liegen sehr weit auseinander.

Dies zeigt erneut auf, wie stark die Bedingungen für die Tiere differieren können und dass selbst die „Premium-Haltungsform 4“ kein Garant für wirkliches Tierwohl ist. 

Für den Verbraucher ist dies ebenfalls problematisch, da es keine Möglichkeit gibt, zu erfahren, welche exakten Bedingungen nun hinter welcher Haltungsform stecken. Somit werden die Landwirte, welche zwecks Profitmaximierung nur die absolut nötigsten Mindestbestimmungen einhalten, mit denen gleichgesetzt, welche gewissenhaft agieren und alle Anforderungen um Längen übertreffen, weil ihnen die Tiere am Herzen liegen.

Kritik von Verbraucherschützern

Die Kritik an den Haltungsformen, wie von Constanze Rubach von der Verbraucherzentrale Niedersachsen dargelegt, ist durchaus substantiell und wirft wichtige Fragen auf. Im Zentrum ihrer Überlegungen stehen drei Hauptaspekte: Verbindlichkeit, Vergleichbarkeit und Aussagekraft.

Die Verbindlichkeit des “Haltungsform”-Labels wird von Rubach als gravierendes Problem identifiziert. Da die Teilnahme an dieser Initiative freiwillig ist, fehlt es auf zahlreichen Fleischprodukten großer Handelskette und an der Frischetheke ist es gänzlich abwesend. Diese mangelnde Verbindlichkeit stellt eine erhebliche Einschränkung dar und wirft Zweifel an der Wirksamkeit des Labels auf.

Die Vergleichbarkeit, ein weiterer kritischer Punkt, wird von Rubach aufgrund ungleicher Kennzeichnungsmuster bemängelt. Wenn das Label nicht auf allen Produkten präsent ist, gestaltet sich der Vergleich zwischen verschiedenen Angeboten für Verbraucherinnen und Verbraucher äußerst schwierig. Dies wird besonders problematisch, wenn die Auswahl an Produkten, die den Tierwohl-Kriterien entsprechen, ohnehin begrenzt ist.

Die Aussagekraft des Labels wird von Rubach als äußerst begrenzt betrachtet. Während das Label bestimmte Haltungskriterien zeigt, bleiben wichtige Aspekte des Tierwohls unberücksichtigt. Die Gesundheit der Tiere, das Stressmanagement im Stall und andere Lebensabschnitte wie Aufzucht, Transport und Schlachtung werden nicht in die Bewertung einbezogen. Diese vernachlässigten Punkte sind jedoch entscheidende Kriterien für das Wohlergehen der Tiere. Die Tatsache, dass das Label diese Aspekte nicht berücksichtigt, führt zu Unsicherheit bei den Verbrauchern, ob die Tiere tatsächlich gut behandelt wurden.

Die Kritik von Lars Schrader vom Institut Tierschutz und Tierhaltung am Friedrich-Loeffler-Institut unterstreicht diese Bedenken, indem er betont, dass nicht nur die Haltungsbedingungen, sondern auch der Umgang mit den Tieren, deren Versorgung und Gesundheitsbehandlung von entscheidender Bedeutung sind.

Insgesamt wird zu Bedenken gegeben, dass das “Haltungsform”-Label in seiner gegenwärtigen Form erhebliche Mängel aufweist, die es zu überdenken und zu verbessern gilt.

Die “Haltungsform 7” unserer Bauern

Wir bezeichnen die Haltungsbedingungen unserer Bauern gerne als “Haltungsform 7”. Unsere Bauern praktizieren eine extensive Weidehaltung, bei der die Rinder weitläufige und saftige Weidegründe zur Verfügung und somit genügend Platz haben, um ihren natürlichen Bedürfnissen nachzugehen und ein so naturnahes Leben wie möglich führen zu können.

Zudem werden die Weidegründe in regelmäßigen Abständen gewechselt, um den Tieren noch mehr Abwechslung zu bieten und den Boden noch naturverträglicher zu bewirtschaften. Noch naturnäher ginge es tatsächlich nur, wenn man die Zäune der Weiden einreißen würde. Die Tiere befinden sich in ihrem natürlichen sozialen Gefüge, nämlich der Herde, und werden nicht voneinander isoliert. Dies ist für die soziale Entwicklung der Tiere essenziell, da es in der Herde feste soziale Hierarchien und Strukturen gibt, in denen die jüngeren Tiere von den älteren lernen können.

Die extensive Weidehaltung bietet außerdem zahlreiche Umweltvorteile. Diese Art der Beweidung trägt dazu bei, die Vielfalt von Pflanzen und Tieren auf den Wiesen zu bewahren und zu fördern. In Gebieten, in denen solche Herden grasen, entsteht eine ausgezeichnete Symbiose zwischen Rindern und anderen Tierarten, die diese Flächen nutzen. Der dabei anfallende Dung bildet beispielsweise einen hervorragenden Lebensraum für viele Insektenarten, die wiederum eine Nahrungsquelle für verschiedene Vogelarten darstellen.

Die Art der Haltung unserer Landwirte geht somit weit über die gesetzlichen Anforderungen und über jegliche existierenden Haltungsformen hinaus und zeigt, dass es möglich ist, Tierschutz, Umweltschutz und landwirtschaftliche Praxis miteinander in Einklang zu bringen.

Da wir dir volle Transparenz bieten, kannst du dir sicher sein, dass immer nur das beste Fleisch von glücklichen und geliebten Tieren auf deinem Teller landet – zudem weißt du immer, wo genau es herkommt.

Überzeuge dich gerne von unseren Bauern, deren Arbeitsweise und deren Idealen bei unserer Bauernvorstellung – unsere Landwirte zeigen, dass eine nachhaltige und tierfreundliche Landwirtschaft, bei der Mensch, Tier und Natur in Symbiose miteinander leben, möglich ist – weit über die Haltungsformen hinaus. Damit dies auch weiterhin so bleibt, erhalten unsere Bauern von uns deutlich mehr als den marktüblichen Preis.

Fazit

Die Haltungsformen sind vom Prinzip her ein erster positiver Schritt in Richtung Tierschutz. Es ist entscheidend zu betonen, dass höhere Haltungsformen grundsätzlich auch verbesserte Bedingungen für die Tiere bedeuten. Dennoch sind die aktuellen Standards, selbst in der höchsten gesetzlichen Haltungsform 4, meist in keiner Weise ausreichend, um den Tieren ein naturnahes Leben zu bieten und deren Bedürfnisse umfassend zu erfüllen.

Des Weiteren kritisieren Verbraucherschützer die Verbindlichkeit, die Vergleichbarkeit und die Aussagekraft des „Haltungsform-Siegels“, da es zahlreiche Möglichkeiten gibt, dieses auszutricksen.

Als Verbraucherinnen und Verbraucher liegt es im Endeffekt an uns, bewusste Entscheidungen zu treffen und Produkte zu unterstützen, die wirklich höhere Tierschutzstandards einhalten. Denn das fördert unmittelbar die Landwirte, bei denen das Tierwohl und eine umweltverträgliche Landwirtschaft im Fokus steht – und bedeutet gleichzeitig auch wesentlich gesündere Lebensmittel für dich. Überzeuge dich von dem Unterschied, den eine liebevolle Haltung für Qualität, Gesundheit und Geschmack macht, bei unseren Paketen.

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